Western
Helden: Die Prolo-Variante
Wir lieben Bruce Willis, weil sein stets mit Blut und Dreck verziertes Unterleibchen von ehrlicher Arbeit zeugt.

Schmerzlich wurde der bärbeissige New Yorker Cop John McClane am 11.September vermisst. Eine paralysierte Nation sehnte sich nach einem Leinwandhelden, der sich diesen hinterhältigen Fanatikern - gleichsam als Deus ex Machina - erfolgreich in den Weg gestellt hätte.
Der Instinkt-Polizist McClane hat immerhin im Schweisse seines Angesichts Hightech-Terroristen dreimal in Folge das Handwerk gelegt: erst war ein Hochhaus der Schauplatz des Duells, dann avancierte ein Flughafen zur Kampfzone, schliesslich rang er die Hydra, die auch im dritten Teil der "Die Hard"-Trilogie ihr Haupt zu erheben wagte, im Herzen Manhattans nieder. Die Realität imitierte am 11. September die Fiktion. Augenzeugen fühlten sich beim Anblick der Passagierflugzeuge, die sich in die beiden Türme des World Trade Centers bohrten, an ein Hollywood-Spektakel mit Bruce Willis erinnert. Allein John McClane war an diesem Tag "off duty" - das Happyend blieb aus. Dabei wäre Willis getreu dem Weltbild von George W. Bush zweifellos der ideale Mann für den Job gewesen - tumben Kampfmaschinen vom Schlage eines Schwarzenegger um Welten überlegen: Willis' virile physische Präsenz läuft dank seinem proletarischen Charme und der selbstironisch zur Schau gestellten Coolness nie Gefahr, zur platten Rächerfigur zu erstarren.
Noch als abgehalfterter Privatdetektiv mit Alkohol- und Eheproblemen ("Last Boy Scout") gelingt es ihm, den Filmtitel glaubwürdg zu verkörpern: Er ist der letzte Pfadfinder, der als Moralist der Tat mit Fäusten und Waffen den korrupten Besitzer eines Football-Teams in die Knie zwingt. Keiner aus dem aktuellen Figurenarsenal der amerikanischen Populärmythologie ist so wie Willis prädestiniert, ein Heldenepos über die New Yorker Feuerwehrleute vor dem Totalabsturz in Kitsch und Hagiografie zu bewahren. Wetten, dass sich bei Willis' Agent die Angebote bereits stapeln? Greif zu, Bruce!
Quelle: 🌍 Der Bund Alexander Sury 30.03.2002